Führerscheinverlust bei Lenkzeitverstoß
Entzug des Führerscheins bei Lenkzeitverstoß
und Gefährdung
Beschluß: In der Strafsache gegen.,… beschließt das
Amtsgericht Hamburg, Abt. 244 durch Richter am
Amtsgericht ( AG Hamburg Az. 244 Gs 16 / 08 )
Dem Beschuldigten wird die Erlaubnis zum Führen von
Kraftfahrzeugen vorläufig entzogen. Die Beschlagnahme
des Führerscheins wird damit angeordnet ( § 111 a StPO )
GRÜNDE
Es sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass
dem Beschuldigten im Hauptverfahren die Erlaubnis zum
Führen von Kraftfahrzeugen entzogen wird ( § 69 StGB )
Der Beschuldigte hat nach Aktenlage am 25.1.08 gegen 18.32
Uhr eine Sattelzugmaschine, amtliches Kennzeichen ….
geführt, obwohl er übermüdet war und die Lenk- und
Ruhezeiten überschritten hatte
Dadurch hat der Beschuldigte auf der Autobahn A7 (
Elbtunnel ) einen Verkehrsunfall mit Fremdschaden in
Höhe von 8000 € verursacht und ist eines Vergehens nach
§ 315 c StGB Abs. 1 Nr. B, Abs. 3 verdächtig.
Der Beschuldigte war damit nicht in der Lage, das Fahrzeug
sicher zu führen. Es liegt ein Regelfall der Entziehung
der Fahrerlaubnis vor ( § 69 II StGB ) Gegen diesen
Beschluß ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig.
Richter am Amtsgericht J.
Der Betroffene, bzw. sein Verteidiger hat gegen die durch
die Polizei am Unfallort vorgenommene Beschlagnahme des
Führerscheins Widerspruch erhoben und gegen den
Beschluss des Amtgserichts Beschwerde eingelegt, sodass
die Sache derzeit beim LG Hamburg der Berichterstatterin
vorliegt. Dem Betroffenen, als selbstfahrender
Unternehmer, wurde damit erst einmal die
Existenzgrundlage entzogen. Diese Tatsache interessiert
nicht. Woraus das Gericht den dringenden Tatverdacht
herleitet, findet sich nicht im Beschluß. Akteneinsicht
kann derzeit nicht gewährt werden, da sich das
Landgericht mit der Sache zunächst beschäftigen muss.
Selbst wenn das Landgericht die Beschlagnahme aufhebt,
Es stellt sich die Frage, ob die Tatsache der
Verkürzung der Ruhezeit oder Überschreitung der
Lenkzeit unter einer Gefährdung für Leib oder Leben
eines anderen Menschen ( Beifahrer ! ) oder fremde
Sachen von bedeutendem Wert den vorsätzlichen oder
fahrlässigen Vorwurf der Straßenverkehrsgefährdung
eröffnet, womit die Verkürzung der Ruhezeit, bzw.
Überschreitung der Lenkzeit einer Alkoholfahrt
gleichkommt und die Fahrerlaubnis für mindestens sechs
Monate entzogen wird. Damit kann man parallel zur
Alkoholfahrt zu einer Wertung gelangen, die quasi je
nach Verkürzung der Ruhezeit zu einem anderen Strafmaß
gelangt.
Damit sind geistige und körperliche Mängel ( Übermüdung )
geeignet den § 315 c StGB in Ansatz zu bringen. Die
Frage, die das Landgericht zu beantworten hat, wird
sein, inwieweit ein Ursachenzusammenhang, bzw. eine
Zurechnung vorgenommen wird. Soweit es dies bejaht,
werden künftige Gefährdungen ( insbesondere Unfälle )
bei Verkürzung der Ruhezeit oder Überschreitung, bzw.
Überschreitung der Lenkzeit in eine Strafbarkeit münden
und damit in einen Führerscheinverlust von mindestens 6
Monaten. Da sich das Landgericht dieser Problematik
bewußt ist, hat es weitere Ermittlungen angestellt.
Bei Übermüdung mit Gefährdung ist zu befürchten , dass
auch in den übrigen Regelbeispielen des § 315 c StGB
wie Vorfahrtverletzung ( Ampel ), falsches Überholen
usw. entsprechend verfahren wird. Auch könnte in diesem
Zusammenhang das Problem der Täterschaft und Teilnahme (
Mittäter, Anstifter, Beihilfe ) zu diekutieren sein, was
heißt ob der die Fahrt Anordnende "mit ins Boot gezogen
wird".
Auch stellt sich das Problem der Kostenübernahme durch die
Rechtschutz, soweit ein vorsätzlicher Verstoß
vorgeworfen wird. Bei einer ordentlichen
Lenkzeitverkürzung dürfte der Vorsatz wohl indiziert
sein. Des weiteren kann ein Regress durch den
Haftpflichtversicherer bei Vorsatz in Betracht kommen.
Weiteres folgt.
Hierzu auch folgende Mitteilung von Richter am AG Baden-
Baden K. Jung
Führerscheinverlust ohne Alkohol
Es gibt sicher zahlreiche Möglichkeiten, seinen
Führerschein zu verlieren - wobei es richtig
„Fahrerlaubnis“ heißen muss, denn darum geht es, eine
solche benötigt man, der „Führerschein“ ist nur das
Stück Papier, mit dem man den Besitz einer Fahrerlaubnis
nachweisen kann.
In der sicher überwiegenden Zahl der Fälle kommt es zu
einem (teilweise recht langen) Entzug der Fahrerlaubnis
aufgrund einer Teilnahme am Straßenverkehr unter
Alkoholeinfluss, also mit mehr als 1,1 %o.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Teilnahme am
Straßenverkehr ohne Alkohol in jedem Fall den Erhalt der
Fahrerlaubnis garantiert. Hier ist insbesondere § 315c
Abs. 1 Nr. 1b StGB zu beachten, der „körperliche und
geistige Mängel“ nennt.
Der von § 315c StGB geforderte „Zustand der
Fahruntüchtigkeit“ setzt voraus, dass ein Fahrzeugführer
nicht fähig ist, eine längere Strecke sein
Fahrzeug so zu steuern, dass er den Anforderungen des
Straßenverkehrs, und zwar auch bei plötzlichem
Auftreten schwieriger Verkehrslagen, so gewachsen
ist, wie dies von einem durchschnittlichen
Fahrzeugführer zu erwarten ist.
Was nichts anderes bedeutet, dass ein Gipsarm oder ein
Gipsbein schon ein „körperlicher Mangel“ sein können,
denn damit kann man nicht richtig lenken, wenn eine
schnelle Ausweichbewegung erforderlich ist, oder nicht
schnell genug bremsen im Falle der Gefahr. Auch andere
körperliche Behinderungen und Einschränkungen sind hier
denkbar.
Gerne vergessen wird jedoch, dass auch eine starke
Übermüdung ein „körperlicher Mangel“ ist.
Hier ist zunächst einmal das sogenannte „physiologische
Leistungstief“ in den späten Nacht- bzw. frühen
Morgenstunden zu beachten. Der Körper ist immer noch auf
Schlafen eingestellt, soll nun aber den hohen
Anforderungen des Straßenverkehrs genügen - die
Rechtsmediziner bewerten diesen zustand durchaus
vergleichbar mit einer Alkoholisierung von 0,5 %o (oder
mehr).
So erklären sich die vielen Unfälle auf der Heimfahrt von
Discotheken, bei denen es ohne oder nur mit einer
geringen Alkoholisierung zu schwerwiegenden Fahrfehlern
und dann zu oft tödlichen Unfällen kommt.
Aber auch der Familienvater, der 18 Stunden am Stück aus
dem Urlaub nach Hause fährt, der Lkw-Fahrer, der seine
Lenkzeit überschreitet und 12 Stunden am Stück unterwegs
ist, riskiert den Verlust der Fahrerlaubnis.
Während Pkw-Fahrer meist erst dann auffallen, wenn es zu
einem Unfall kommt, der zunächst unerklärlich scheint,
oft genug durch das Abkommen nach Links oder Rechts auf
gerader Fahrbahn, das Geradeausfahren in einer Kurve,
ungebremstes Auffahren auf den Vordermann, lässt sich
die mögliche „körperliche Ungeeignetheit“ bei
Lkw-Fahrern regelmäßig durch einen einfachen Blick auf
die Diagrammscheibe des Kontrollgerätes
(„Fahrtenschreiber“) nachweisen.
Dabei ist natürlich auch zu berücksichtigen, dass die
maximal zulässigen Lenkzeiten für Lkw-Fahrer gerade neu
geregelt wurden (seit dem 11.4.2007 gilt die neue
EU-Verordnung 561/06).
Nach dieser Verordnung dürfen Berufskraftfahrer in der
Europäischen Union nur noch 56 Stunden pro Woche hinter
dem Steuer sitzen.
Damit wird die bisher maximal zulässige Lenkzeit von bis
zu 74 Wochenstunden deutlich abgesenkt. Außerdem muss
alle zwei Wochen eine Ruhezeit von mindestens 45 Stunden
gewährt werden. Die tägliche Mindestruhezeit wird auf
neun statt bislang acht Stunden verlängert. Nachdem
diese Verordnung und die dadurch angeordneten Lenk- und
Ruhezeiten auch auf medizinischen Erkenntnissen über die
Leistungsfähigkeit eines Autofahrers beruhen, könnte man
nun durchaus der Auffassung sein, dass eine erhebliche
Überschreitung der zulässigen Lenkzeiten bzw. eine
Unterschreitung der erforderlichen Ruhezeiten eben zu
einer mangelnden „körperlichen Leistungsfähigkeit“
führen und damit der Tatbestand des § 315c StGB
vorliegt.
Die EU-Länder haben angekündigt, dass die Einhaltung
dieser Vorschrift durch verstärkte Kontrollen überprüft
werden soll.
Neu ist hier die Möglichkeit, dass nationale Behörden
auch Verstöße ahnden können, die in einem anderen
Mitgliedstaat begangen wurden. Davon werden nicht nur
Lkw-Fahrer betroffen sein, denn verstärkte
Polizei-Präsenz und verstärkte Kontrollen führen immer
wieder dazu, dass auch Pkw-Fahrer auffallen.
Den Lkw-Fahrern kann somit nur geraten werden, die neuen
Lenk- und Ruhezeiten penibel einzuhalten, auch
Pkw-Fahrer sollten überlange Touren ohne ausreichende
Pausen vermeiden - bevor der Entzug der Fahrerlaubnis zu
einer „überlangen Pause“ führt. ....
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